Pflichtveranstaltung für Frau von der Leyen
Hallo liebe Mitstreiter,
heute wird im Notaufnahmelager Marienfelde eine Ausstellung eröffnet. Bereits am Morgen haben das ZDF-Morgenmagazin und im Laufe des Tages die ARD darüber berichtet. Auch die Printmedien sind beteiligt (siehe die unten beigefügten Anhänge).
Viele von uns sind den Weg über die Notaufnahmelager Marienfelde und Gießen gegangen und Einige von uns sind auch über "DDR-Haft und Freikauf" in den Westen gelangt. Ich glaube, es ist an dieser Stelle wichtig, die aktiven Politiker auf diese Ausstellung aufmerksam zu machen. Hier haben sie die Möglichkeit, sich darüber zu informieren, wie es damals war. Die meisten von ihnen, um nicht zu sagen fast alle, haben das bereits vergessen oder verdrängt.
Wir sollten alle Politiker, die mit unserem Thema befasst sind und die Euch in Eurem Wahlkreis bekannt sind daraufhin ansprechen. Einen besseren Anschauungsunterricht gibt es nicht. Für ganz wichtig halte ich es, dass Frau von der Leyen und ihre Mitarbeiter im BMAS dazu verpflichtet werden, sich diese Ausstellung anzusehen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt ihrer Entscheidung zur Beschlußempfehlung des Pet.-Ausschusses vom 27.06.12.
Leider können wir das nicht anordnen und Frau von der Leyen dazu verpflichten. Aber jeder von uns hat die Möglichkeit, darüber zu informieren. Vielleicht hilft das mehr als weitere Bittstellungen und Anschreiben.
Hier die Infos:
Am 7. August 2012, 19 Uhr, zeigt die Erinnerungsstaette Notaufnahmelager Marienfelde in Berlin eine "Sonderausstellung" mit dem Titel
"Freigekauft - Wege aus der DDR-Haft"
Weitere Angaben hier: www.notaufnahmelager-berlin.de
woma
7.8.2012 (BERLINER ZEITUNG)
DDR-Ausstellung
„AB JETZT SIND SIE BUNDESBÜRGER“
BERLIN - Wem der Weg in den Westen geebnet wurde, der hatte zwar die Freiheit wieder, aber noch lange nicht sein Leben in Griff: Eine Ausstellung in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde beleuchtet erstmals den Freikauf von DDR-Häftlingen.
Alle zwei Wochen war es soweit. Fast 30 Jahre lang. Unter größter Geheimhaltung starteten mittwochs zwei, später sogar drei Reisebusse von der Stasi-Haftanstalt im damaligen Karl-Marx-Stadt. Ihr Ziel: das hessische Gießen. Bis zur innerdeutschen Grenze fuhren sie mit DDR-Kennzeichen. Am Autobahnkontrollpunkt Wartha-Herleshausen, wo die sonst üblichen Kontrollen unterblieben, wurden die Nummernschilder umgeklappt.
In den Bussen saßen jeweils mehrere Dutzend politische DDR-Häftlinge. Wenn der Fahrer die Udo-Jürgens-Kassette einlegte mit dem Lied „Wir haben alles im Griff im sinkenden Schiff“, sangen sie lauthals mit – und ließen sich dabei weder von den mitfahrenden Stasi-Leuten noch von DDR-Grenzsoldaten stören.
„Auf einmal hatten wir Mut und beschimpften sie“, erinnert sich Barbara GROßE, die nach einjähriger Haft 1984 in den Westen kam. Zwischen 1963 und 1989 zahlte die Bundesregierung für die Freilassung von insgesamt 33.755 Menschen. Eine Ausstellung in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde beleuchtet erstmals Facetten dieser Praxis.
„Ab jetzt sind Sie Bundesbürger“, wurden die Neuankömmlinge gleich hinter der Grenze vom Leiter des Gießener Notaufnahmelagers begrüßt. Aber auch ermahnt, in ihrer neuen Heimat nichts über ihre Haft und die Umstände ihrer Entlassung zu erzählen. „Das Schweigegebot war so stark, dass sich viele Beteiligte auch noch Jahre nach dem Mauerfall daran hielten“, sagt die Leiterin der Erinnerungsstätte, Bettina EFFNER. Erst jetzt würden Archivquellen zugänglich gemacht.
Die DDR hatte naturgemäß keinerlei Interesse an Berichterstattung. Die bundesdeutschen Behörden aber ebenso wenig. Einerseits wollten sie die Freikäufe nicht gefährden, andererseits fürchteten sie, wegen Menschenhandels an den Pranger gestellt zu werden. Solange die DDR für Westdeutschland nur die „Zone“ war, musste zudem der Anschein vermieden werden, als ob mit diesem Geschäft eine Anerkennung verbunden sei.
©dpa
Ankunft in der Freiheit: Für viele DDR-Flüchtlinge
war das Notaufnahmelager die erste Station im Westen
Aus diesem Grund griff die Bundesregierung auch gerne auf die Vermittlerdienste der beiden großen Kirchen zurück. Aus prinzipiellen Gründen vermied es die BRD allerdings weitgehend, der DDR die pro Häftling ausgehandelte Prämie von zuletzt 95.847 Mark überweisen zu lassen. Stattdessen wurden Waren geliefert – wenn die Häftlinge in Freiheit waren: „Erst dann gingen die Erdgasrohre auf die Reise“, sagt GROßE.
Dennoch saß die Ost-Berliner Regierung am längeren Hebel. Sie konnte die Zahl der politischen Häftlinge steuern und schreckte auch nicht vor Betrug zurück. Zumindest bis 1969 wurde freigekauften Häftlingen immer wieder die Ausreise verweigert. Und wie ein Stasi-Vermerk belegt, gelang es der DDR schon mal, mehrere hundert „erfundene“ Personen auf die Freikauf-Liste zu setzen.
Wem der Weg in den Westen geebnet wurde, der hatte zwar die Freiheit wieder, aber noch lange nicht sein Leben in Griff. „Ich musste mich von allem trennen“, sagt Barbara GROßE. Auch vom Sorgerecht für ihre Kinder. (epd)
„Freigekauft – Wege aus der DDR-Haft“: 8. August 2012 bis 31. März 2013
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Marienfelder Allee 66, Di.-So. 10-18 Uhr
Quelle (BERLINER ZEITUNG)